Barrierefreiheitsstärkungsgesetz:
Ist Ihre Website bereit für 2025?
Mittwoch, 14.05.2025
Was ist das Barrierefreiheits - stärkungsgesetz (BFSG)?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist ein deutsches Gesetz, das die Anforderungen von European Accessibility Act (EAA) umsetzt. Durch dieses Gesetz sollen Barrieren abgebaut werden, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderung einen gleichberechtigten Zugang zu bestimmten Produkten und Dienstleistungen haben.

Websites, mobile Anwendungen und andere digitale Angebote müssen nach den internationalen Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 mindestens auf Konformitätsstufe AA barrierefrei gestaltet werden.

Wen betrifft das Gesetz konkret?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) richtet sich an Unternehmen, die bestimmte Produkte und Dienstleistungen auf dem Markt der Europäischen Union anbieten. Vor allem betroffen sind diese Produkt- und Dienstleistungsbereiche:

·      Technische Geräte wie Computer, Betriebssysteme, Tablets, Smartphones und E-Book-Reader

·      Bankdienstleistungen, insbesondere Online-Banking, Geldautomaten und Kartenzahlungssysteme

·      E-Commerce: Online-Shops, Buchungsplattformen und sonstige digitale Marktplätze

·      Telekommunikationsdienste, einschließlich Internetdienste und mobile Anwendungen

·      Personenverkehrsdienste, etwa Websites und Apps zur Buchung von Bahn-, Bus-, Flug-, oder Fährtickets

·      Selbstbedienungsterminals und interaktive Kiosksysteme (z. B. Check-in-Terminals)

 

Dabei geht es nicht nur um die physischen Geräte, sondern vor allem um die zugehörigen digitalen Dienste und Benutzeroberflächen.

Wer ist ausgenommen?

Kleinstunternehmen im Dienstleistungsbereich sind laut Gesetz von den Verpflichtungen ausgenommen. Als Kleinstunternehmen gelten Firmen, die:

·      Weniger als 10 Mitarbeitende beschäftigen

·      Einen Jahresumsatz von weniger als 2 Millionen Euro erwirtschaften

 

Diese Ausnahme betrifft allerdings nur Dienstleistungsanbieter z. B. kleine Webshops und nicht die Hersteller von betroffenen Produkten

Was bedeutet barrierefreie Website konkret?

Eine barrierefreie Website sollte so gestaltet sein, dass sie von allen Menschen unabhängig von ihren körperlichen oder technischen Einschränkungen genutzt werden kann. Barrierefreiheit betrifft nicht nur das Design, sondern auch die Struktur, Bedienbarkeit und die Inhalte einer Website.

Die vier Grundprinzipien der WCAG 2.1 beschreiben genau, was Barrierefreiheit bedeutet:

 

1.         Die Wahrnehmbarkeit (Perceivable)

Inhalte müssen für alle Nutzer: innen erfassbar sein

·      Alternativtexte für alle Bilder, Symbole und Buttons, damit Screenreader diese erfassen können

·      Untertitel und Transkripte für Audio- und Videoinhalte

·      Anpassbarer Text: Texte müssen ohne Qualitätsverlust skalierbar sein

·      Hohe Farbkontraste: Mindestkontrast von 4,5:1 für Fließtext, damit auch sehbehinderte Menschen Inhalte gut erkennen können

 

2.       Bedienbarkeit (Operable)

Alle Funktionen müssen nutzbar sein

·      Tastaturbedienbarkeit: Nutzer: innen müssen die Website vollständig ohne Maus, nur mit der Tastatur, bedienen können

·      Keine flackernden Inhalte: Um epileptische Anfälle zu vermeiden, dürfen Inhalte nicht mehr als dreimal pro Sekunde blinken

·      Klare Navigation: Sinnvolle Überschriften Struktur und Skip to Content-Links für einfacheres Springen zu Hauptinhalten

 

3.       Verständlichkeit (Understandable)

Informationen und die Bedienung der Website müssen intuitiv verständlich sein

·      Klare, einfache Sprache und Vermeidung unnötig komplizierter Fachbegriffe

·      Vorhersehbare Navigation: Die Menüführung und der Seitenaufbau sollen konsistent und logisch sein

·      Hilfreiche Fehlermeldungen: Formulare sollten Nutzer: innen verständlich auf Fehler hinweisen und Verbesserungsvorschläge geben

 

4.      Robustheit (Robust)

Die Website muss auch mit unterschiedlichen Browsern, Geräten und Hilfstechnologien zuverlässig funktionieren

·      Saubere, valide HTML-Struktur und Nutzung von ARIA-Attributen zur Unterstützung von Screenreadern

·      Kompatibilität mit Hilfsmitteln wie Screenreadern, Sprachausgabe-Tools oder vergrößernden Technologien

 

Risiken bei Nichteinhaltung

Bei Nichteinhaltung der Anforderungen des BFSG kann für Unternehmen erhebliche, rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen haben:

 

1.         Bußgelder

Verstöße gegen das BFSG können mit Bußgeldern sanktioniert werden. Die Höhe des Bußgeldes hängt von dem jeweiligen Verstoß ab.

 

2.       Abmahnungen und Klagen

Unternehmen riskieren Abmahnungen durch Verbraucherschutzverbände oder Wettbewerber. Außerdem wird die Barrierefreiheit rechtlich vom Diskriminierungsschutzes verfolgt.

 

3.       Nachbesserungskosten

Wird die Barrierefreiheit erst im Nachhinein umgesetzt, entstehen oft höhere Kosten als bei der frühzeitigen, geplanten Integration.

 

4.      Verlust von Kunden

Menschen mit Behinderung und ältere Nutzer: innen machen einen erheblichen Teil der Bevölkerung aus. Können sie Ihre Angebote nicht nutzen, wenden sie sich der Konkurrenz zu.

So machen Sie Ihre Website fit für 2025

Um die Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) zu erfüllen und Ihre Website Barrierefrei zu gestalten sollten Sie früh genug handeln.

Die Umsetzung sollte systematisch geplant werden:

 

1.         Bestandsaufnahme und Analyse

·      Führen Sie einen ersten Barrierefreiheitstest Ihrer bestehenden Website durch.

·      Nutzen Sie Checklisten der Bundesfachstelle Barrierefreiheit.

·      Identifizieren Sie Schwachstellen z.B. fehlende Alternativtexte

 

2.       Barrierefreiheitsanforderungen planen

·      Erarbeiten Sie eine Strategie, welche Seiten, Inhalte oder Funktionen müssen geändert oder angepasst werden.

·      Orientieren Sie sich an den Vorgaben der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1, mindestens auf Level AA.

 

3.       Inhalte barrierefrei gestalten

·      Textinhalte: Verwenden Sie klare, einfache Sprache und strukturieren Sie den Inhalt mit Überschriften (h1, h2, h3)

·      Bilder und Grafiken: Ergänzen Sie Alternativtexte

·      Multimedia: Erstellen Sie Untertitel für Videos oder bieten Sie Audiobeschreibungen bzw. Transkripte an.

 

4.      Technik und Design anpassen

·      Tastaturbedienbarkeit sicherstellen: Alle Funktionen müssen ohne Maus erreichbar sein.

·      Kontrast und Lesbarkeit optimieren: Mindestens 4,5:1 für normalen Text.

·      Skalierbare Gestaltung: Inhalte müssen sich an verschiedene Bildschirmgrößen anpassen lassen.

 

5.       Testen, testen, testen

·      Prüfen Sie die Website regelmäßig mit automatisierten Tools und manuellen Tests z.B. Tastatur, Screenreader

·      Überprüfen Sie laufend, ob neue Inhalte oder Updates die Barrierefreiheit beeinträchtigen.

 

6.       Schulung im Team

·      Etablieren Sie barrierefreie Standards als festen Bestandteil Ihrer internen Qualitätsrichtlinien.

·      Vermitteln Sie Ihrem Team das notwendige Wissen rund um barrierefreies Design und barrierefreie Inhalte.

Fazit

Barrierefreiheit klingt für viele im ersten Moment nach Aufwand, neuen Regeln und technischen Details. Aber im Kern geht es um etwas sehr Einfaches, nämlich darum, dass alle Menschen Ihre Website nutzen können.
Ob jemand mit einer Sehbehinderung, motorischen Einschränkungen oder ganz einfach mit dem Smartphone unterwegs ist: Ihre Inhalte sollen ankommen, bei allen.

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz wird das ab dem 28.Juni 2025 für viele Unternehmen zur Pflicht. Wer frühzeitig anfängt, hat klare Vorteile, denn Barrierefreiheit ist nicht nur gesetzliche Vorgabe, sondern auch ein Zeichen für Qualität, Offenheit und digitale Zukunftsfähigkeit.

Wenn Sie sich jetzt mit dem Thema beschäftigen, schaffen Sie nicht nur Rechtssicherheit, sondern machen Ihre Website besser für alle.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2021). Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG). Zugriff am 7. Mai 2025, von https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/barrierefreiheitsstaerkungsgesetz.html

Europäische Kommission. (o. J.). European Accessibility Act (EAA). Zugriff am 7. Mai 2025, von https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1202

W3C – World Wide Web Consortium. (2018). Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1. Zugriff am 7. Mai 2025, von https://www.w3.org/WAI/standards-guidelines/wcag/

Bundesfachstelle Barrierefreiheit. (o. J.). Digitale Angebote barrierefrei gestalten. Zugriff am 7. Mai 2025, von https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/DE/Wegweiser/Barrierefreie-Angebote/Digitale-Angebote/digitale-angebote.html

DIAS GmbH. (o. J.). BITV-Test: Barrierefreiheit testen. Zugriff am 7. Mai 2025, von https://www.bitvtest.de

 

Autor des Beitrags
Nina Plainer
Online Marketing Praktikantin